Unser Mitglied Roger Dietrich hat auf den Artikel „Der Weltuntergang fällt aus“ von Jochen Bittner (Bezahlschranke) in der Wochenzeitung DIE ZEIT mit einem Leserbrief reagiert. Weil nur ein kleiner Teil davon abgedruckt wurde, hier sein gesamter Text zum Nachlesen:
Der Weltuntergang fällt aus. Na da können wir uns ja wieder hinlegen oder !?
Aus naturwissenschaftlicher Sicht enthält der Artikel von Herr Bittner jedoch einige gravierende und weit verbreitete Irrtümer.
- Die Welt wird in der Tat nicht untergehen. Darum ging es auch nie. Dieser Kampfbegriff wurde von den Medien in die Diskussion eingeführt um die berechtigten Sorgen aufgeklärter Klimaschützer ins Lächerliche zu ziehen. Es geht vielmehr darum, dass wir durch unser Handeln gemäß einer Studie aus dem Jahre 2019 eine Welt erschaffen, in der spätestens im Jahre 2050 35 Prozent der weltweiten Landfläche und 55 Prozent der Weltbevölkerung an mehr als 20 Tagen im Jahr tödlichen Hitzebedingungen ausgesetzt sein werden, die die Überlebensfähigkeit des Menschen übersteigen.
- Alle Indikatoren der fossilen Energienutzung die eigentlich schon seit Jahren sinken müssten, um das oben skizzierte Szenario zumindest abzumildern zeigen nach wie vor nach oben. Dazu zählen u.a. neu projektierte Gas-, Öl- und Kohlekraftwerke, neu abgeschlossene langfristige Lieferverträge für Gas uns Öl, die Zahl der Verbrenner Kfz weltweit, der weltweite Konsum, die Fläche der abgeholzten Wälder und der trocken gelegten Moore und nicht zuletzt der Energiehunger aufstrebender Länder.
- Der im Artikel adressierte Stromsektor macht nur einen Bruchteil der Treibhausgasemissionen aus. Der größte Anteil entfällt auf Wärmeerzeugung, Verkehr, Konsum und Industrie. Auch hier zeigen alle Indikatoren gemäß IEA nach oben, was deutlich macht, dass eine Trendumkehr ein Wunschtraum ist.
- Das System Treibhausgasemissionen/Klimaerwärmung ist träge. Was wir jetzt und in naher Zukunft sehen, geht auf Folgen unseres Handelns in den letzten Jahrzehnten zurück. Der jetzt noch stattfindende, deutliche Anstieg der Treibhausgasemissionen wirkt sich erst in einigen Jahrzehnten aus. Das bedeutet wir sind jetzt schon auf eine Pfad zum oben skizzierten Szenario.
- Der Kapitalismus „belohnt“ in der Tat die Investitionen, die den größten Profit versprechen. Das sind aber nicht, oder eher durch Zufall, die notwendigen und sinnvollen Investitionen. Eine Umlenkung von Investorengeldern in den Bereich der erneuerbaren Energien wird der Logik des Kapitalismus folgend zu einem Druck zu immer höheren Energieverbräuchen führen um die Renditen der Windräder und Solarfarmen zu erzielen. Ein stetiges Wachstum der Anzahl der Windräder und Solarpaneele wie es der Kapitalismus verlangt, ist aber aufgrund der nicht vorhandenen Flächen nicht möglich. In der Tat wird das Gegenteil von Wachstum benötigt, um unsere Klimaproblematik zu lösen, nämlich die drastische Rückführung unseres weltweiten Energiehungers.
- Der Kapitalismus verführt zum Überkonsum und braucht zu seinem Überleben die immer schnellere Ausbeutung von Ressourcen. Ein Beispiel ist die Textilindustrie, die durch Fast Fashion mit einem Anteil von 10 % an der weltweiten Umweltverschmutzung der zweitgrößte industrielle Umweltverschmutzer ist und damit vor den Emissionen des Flugverkehrs liegt. Eine Trendumkehr ist aus der Logik von immerwährendem Wachstum heraus nicht zu erwarten.
Diese Liste ließe sich sehr weit fortführen. Trotz einiger positiver Ansätze sind die jetzt anlaufenden Veränderungen zu zaghaft und zu spät. Die Gründe für Zukunfts-Besorgnis wachsen mit anderen Worten jeden Tag ungebremst.